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Beschreibung

 


Drama über die junge Nonne Anna, die im Polen der Sechzigerjahre lebt und ein dunkles Familiengeheimnis entdeckt, das bis in die Nazizeit zurückreicht.

Laufzeit: 80 min.
FSK: noch unbekannt

In lyrischem Schwarzweiß komponiertes, aufwühlendes Porträt einer Novizin, die ihre traurige jüdische Vergangenheit entdeckt.

Der britische Independentfilmer Pawel Pawlikowski wurde für Werke wie "My Summer of Love" preisgekrönt und etablierte damit eine eigene, spannende Handschrift. Diese forciert er auf beeindruckende Weise in seinem asketischen Arthouse-Drama, das den gebürtigen Warschauer zurück in seine Heimat führt. Das kommunistische Polen des Jahres 1962 bietet ihm Anlass zur Aufarbeitung volkseigener Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Mithin kein leichtes Thema, dem Pawlikowski jedoch mit stillem Stilwillen in seinem Porträt zweier gegensätzlicher Frauen begegnet, den letzten beiden Überlebenden ihrer Familie.

Diese wurde zu Kriegszeiten von Bauern erschlagen und anonym im Wald verscharrt - für die katholische Novizin Anna ein Schock, als sie von ihrer bislang unbekannten Tante Wanda erfährt, dass sie tatsächlich Ida Lebenstein heißt, jüdischer Abstammung ist und nur dadurch gerettet wurde, dass man sie in einem Kloster versteckte, wo sie aufwuchs. Ihre Identitätssuche mit der resoluten ehemaligen Richterin Wanda stellt alle Schattierungen von Unschuld und Sünde, Heiligen und Huren aus. Die Frage, ob Gott überall ist, oder man anhand derartiger Taten merkt, dass es ihn nicht gibt, durchzieht den im beengten 4:3-Format entstandenen Schwarzweißfilm, der das Lebensgefühl des Sozialismus widerspiegelt, aber keinesfalls die Ostblocktristesse beklagt, sondern ihr trotzt.

Denn es ist nicht nur der Holocaust aus einem ästhetisch aufregenden, anderen Blickwinkel, den Pawlikowski einnimmt. Er widmet sich auch einem Coming-of-Age zu einer Zeit, da die opportunistischen Täter ihre Verbrechen vergessen wollen und sich mit Jazz und Tanz an Friedenszeiten erfreuen. An unbequeme Wahrheiten möchte hier keiner erinnert werden, womit eine tragische Entwicklung von erschütternden Ausmaßen ihren Lauf nimmt, die nüchtern, aber intensiv Abschied von einem verschleppten persönlichen Traumakapitel nimmt, um sich für die Zukunft neu zu orientieren. Auch wenn das eigene Leben dafür kurzzeitig Kopf steht. Manche Wunden heilt die Zeit. Andere nicht.

Veranstaltungsort

Kino Atelier / Café Haag

Am Haagtor 1
72070 Tübingen

Lageplan


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