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Mittwoch 31.08.22
EXHIBITION // ERÖFFNUNG: Zuhause



Abendkasse k.A. Eintritt frei k.A. |
Beschreibung
EXHIBITION: Zuhause von Ruzanna Davitian
Eröffnung mit Musik // 20:00
- Ausstellungseröffnung
- Konzert: Samuel Kübler live
Dauer: 22.07.2022-31.08.2022
Die Ausstellung darf während der Öffnungszeiten besucht werden. Alle Werken können reserviert & nach der Ausstellung erworben werden.
Einblicke:
https://www.instagram.com/ruzolda
WORT DER KÜNSTLERIN:
Ich frage mich oft, wie schnell gewöhnt man sich an die Ausgangssperren, an die Geräusche von Sirenen, die die Luft und das Herz zerschneiden, wie schnell kann man das ganze Leben so zusammenpacken, dass es in ein Überlebensrucksack passt, wie schnell beginnt man jeden Moment mit den lieben Menschen zu schätzen, wie schnell gewöhnt man sich dran wegzulaufen, die Stadt, die Menschen, eigenes Land, eigenes Leben zu verlassen?
Ich kann mich nur nicht an die Totenlisten gewöhnen.
Es ist unmöglich, sich daran zu gewöhnen.
Wenn man plötzlich einen bekannten Namen sieht, ist das Gefühl jedes Mal neu, aber es ist immer genauso beängstigend.
Man glaubt es nicht, man hat nicht die Kraft es zu begreifen.
Ein Kloß im Hals.
Die Augen füllen sich mit Salzwasser.
Deine Heimat lodert.
Die Kinder verlieren ihre Eltern, die Eltern verlieren ihre Kinder, und du blätterst durch die Nachrichten, findest keinen bekannten Namen und das Leben geht dann weiter.
Während deine Ukraine lodert ...
Erneut...
BESCHREINUNG:
Leuchtende Farben überziehen die Wirklichkeit in den Arbeiten der ukrainischen Künstlerin Davityan Ruzanna Albertivna. Fragmentarische schwarzweiß Fotografien verlieren ihren Grund und werden von Farbflächen eingekreist, umzingelt, aufgebrochen – Ausschnitte von Momenten vergangener Zeiten: Ein sich umarmendes Paar, Familienfotos und Szenen aus dem ländlichem Raum, verweisend auf den Titel der Ausstellung: Zuhause.
Eine der achtundzwanzig kleinformatigen Arbeiten auf Papier fällt besonders auf: Eine Hand, scheinbar die einer älteren Frau, richtet sich frontal vor einem Häuserblock auf. Von den Jahren gezeichnet erhebt sie sich schlank in der Mitte des Bildraums, eingerahmt vom roten Grund der Bildfläche. Bomben drohen auf die Häuser hinabzufallen, die Hand schützend davor, ihre Handfläche perforiert.
Dieser unmittelbare Verweis auf Zerstörung und Gewalt ist in anderen der hier präsentierten Werke nicht vorzufinden. Evident werden vielmehr metaphorische Elemente, verweisend auf das Thema Erinnerung. Die archivarisch anmutenden Fotografien, kombiniert mit den schwirrenden Farbflächen, erscheinen wie ein Versuch, zerstörte Orte oder verstorbene Menschen in verschwommenen Erinnerungen zu konservieren. Mit dieser Deutung werden weitere Hände in anderen Werken der Künstlerin lesbar. Eigenständig und zugleich haltlos reichen sie in den Bildraum hinein, als würden sie versuchen, nach Erinnerungen zu greifen, die sie dann doch nicht zu fassen bekommen.
Die Künstlerin setzt gekonnt Überlagerungen ein, indem sie Schichtung des Materials und Schichtung der Zeit – symptomatisch vertreten durch anonymisierte Fotografien – zusammenfallen lässt. Die Anonymität der Abgebildeten mit verdeckten Augen oder abgewandten Gesichtern lässt Raum für das persönliche Schicksal der gesamten Bevölkerung der Ukraine. In diesem Sinne gelingt es der Künstlerin, die Auswirkungen des Krieges auch ohne der unmittelbaren Darstellung von Gewalt, bildlich zu vermitteln. Die Grausamkeit des Krieges manifestiert sich in den Aufzeichnungen von Totenlisten, welche die Künstlerin trotz deren Kontinuität stets als isoliertes Phänomen wahrnimmt. Zugleich geht eine Form der Konsistenz von ihnen aus – nicht nur aufgrund der beängstigenden Wirkung, sondern weil die Kraft, welche zum Begreifen solcher Listen aufzubringen erforderlich wäre, laut der Künstlerin unablässig ausbleibt.
- Stefanie Ufrecht
BIO:
Davityan Ruzanna Albertivna wurde am 26. Februar 1992 in Tiflis, Georgien, geboren. Aufgrund des Militärputsches musste ihre Familie in die Ukraine fliehen und ließ sich in Poltawa nieder.
Im Jahr 2002 trat Ruzanna Davityan in die Poltava Kunstschule für Kinder ein, welche sie 2008 abschloss.
2009 absolvierte sie das Gymnasium Nr. 1 der Stadt Poltawa im Bereich "Bildende Kunst".
Im selben Jahr trat sie in die Yuri Kondratyuk Nationale Technische Universität der Stadt Poltawa in die Fakultät für Bildende Kunst ein.
2013 erhielt sie das Bachelor-Abschluss und 2015 folge das Master Diplom.
Im Sommer 2014 engagierte sie sich ehrenamtlich in Deutschland im Rahmen des Programms „Workcamp“ in den Städten Leipzig und Berlin.
Seit 2016 arbeitete sie als Grafikdesignerin bei einem Online Herausgeber und bei einem lokalen Fernsehsender der Stadt Poltawa.
Von 2021 und bis zum Beginn der umfassenden militärischen Invasion der Ukraine arbeitete sie als Designerin bei der Firma „Premier Socks“ und gestaltete die visuellen Inhalte der Social Media des Unternehmens.
(Vor dem Haagtor 1)
Eintritt frei, Spende für die Künstler_innen erwünscht
Veranstaltungsort
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