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Beschreibung
Vijay Iyer ist das Gesicht des aktuellen Jazz. Kaum ein Musiker dieses Genres war zuletzt präsenter in den Medien als der 38-Jährige und hat mehr wichtige Preise erhalten: Iyer zierte den Titel zahlreicher führender Fachzeitschriften weltweit: Downbeat in den USA, Jazzthetik und Jazzpodium in Deutschland, Jazzwise in England, Concerto in Österreich, sowie Musica Jazz in Italien. Sein im Herbst 2009 erschienenes ACT-Debüt „Historicity“ (ACTCD 9489- 2 /ACTLP 9489-1) - Iyers erste Einspielung in der klassischen Klaviertrio-Besetzung und gleich eine profunde Neudefinition dieses Genres - wurde das „Jazz Album des Jahres“ in den wichtigsten amerikanischen Tageszeitungen, in der New York Times, der Los Angeles Times, der Detroit Metro Times und der Chicago Tribune,
aber auch die Nummer Eins des National Public Radios oder von PopMatters.com. Der All Music Guide schrieb von einer „unglaublichen CD“, und folgerichtig feierte diese auch bei den bedeutendsten Polls Erfolge: Landete „Historicity“ beim Jazz Times Poll noch auf dem zweiten Platz hinter Joe Lovano, ließ er als Sieger beim Village Voice Jazz Critics Poll diesen und andere amerikanische Jazzstars wie Keith Jarrett hinter sich. Ebenso wurde „Historicity“ beim renommierten Downbeat Critics Poll auf den Spitzenplatz gewählt. Im Mai erhielt das Vijay Iyer Trio den wichtigsten deutschen Musikpreis, den ECHO Jazz für das „beste Ensemble international“. Und soeben wurde der Pianist mit dem renommierten Jazz Journalists Association Jazz Award als bester Musiker 2010 ausgezeichnet.
Das erstaunlichste an dieser konkurrenzlosen Erfolgsgeschichte aber ist, dass Iyer dafür keine Kompromisse einging. Der New Yorker Pianist und Komponist verzichtet auf jede modische Annäherung an Pop oder Weltmusik und konzentriert sich ganz auf die Auseinandersetzung mit seinem eigenen musikalischen Wertesystem. Dabei ist die Musik des musikalischen Autodidakten und promovierten Mathematikers und Physikers konkurrenzlos komplex und unverkennbar eigenständig. Sie verblüfft, verzaubert und verführt durch ihre zugleich hoch intellektuelle wie scheinbar mühelose Verschmelzung verschiedenster Einflüsse zu einer eigenen Klangwelt, die ihn als Universalgelehrten ausweist.
Das zeigt sich aufs Neue eindrucksvoll bei seinem zweiten ACT-Album, schlicht „Solo“ genannt, mit dem Iyer nun in die Königsdisziplin des Jazzpianos vorstößt: Es ist seine erste Soloplatte. Wie schon bei früheren Werken widmet er sich auch hier einer intellektuellen Reflexion. Nach ,Historicity‘ steht bei seiner Soloeinspielung nun der Begriff ,Autoscopy‘ im Zentrum des Spiels: „Autoscopy bezieht sich auf diese gewisse Art von ,Außer-sich-Sein‘-Erfahrung, bei der man seine Handlungen wahrnimmt, als ob man sich außerhalb – meist von oben herabsehend – seines Körpers befände. Musik zu spielen vermittelt diese Erfahrung gelegentlich. In einem erweiterten Sinne ist es auch so, wenn man ein Solo-Album macht.“ In diesem Eindruck der eigenen Aktion (Iyer verwendet dafür den soziologischen Ausdruck ,Hexis‘, also die Haltung, der Habitus) kommen Gesten, Vorbildungen, Charakter und Attitüde zusammen und vermitteln sicht- und hörbar die Absicht, die der Handlung vorausgeht.
Tatsächlich ist die Haltung, der Ausdruck Iyers auf jedem Stück des Albums nicht nur zu hören, sondern auf magische Weise auch zu spüren. Ähnlich wie schon auf „Historicity“ ist sein Spiel von der Jazztradition durchdrungen, von Technik, Haltung oder Farben, wie sie Thelonious Monk, Andrew Hill, Randy Weston, Cecil Taylor oder Sun Ra (die Iyer namentlich in seinen Liner Notes erwähnt) jenseits der Noten vorgaben. Und doch sind diese sorgsam beobachteten Einflüsse nur die Palette, aus der Iyer seine neuen, ganz eigenen Farben zusammenmischt. Faszinierend gelingt dies schon zum Einstieg mit einem der ersten Popeinflüsse Iyers, „Human Nature“, dem von Steve Porcaro komponierten Michael-Jackson-Song, den der Pianist harmonisch wie rhythmisch völlig neu durchdekliniert. Phänomenal auch zwei Ellington-Adaptionen: Die „Black and Tan Fantasy“ aus der frühen Cotton Club Zeit mit Bubber Mileys typischem Jungle Sound lässt Iyer zunächst beinahe original im Stride- und Ragtime-Gewand auferstehen, bevor er sie experimentell in die Gegenwart katapultiert. Das Spätwerk „Fleurette Africaine“ hingegen gibt das schillernde und historisch schlüssige Material ab für eine musikalische Studie über Herkunft, Fremdheit und Identität, über Trauer und Stolz – ein Themenkreis, den der indischstämmige Vijay Iyer oft bearbeitet hat.
Die trotz aller Modernismen fast schwelgerische, nostalgisch nachklingende Umarmung von Standards „Darn That Dream“ findet sich auf dem Album) ergänzt sich perfekt mit Iyers vor Einfällen und Farben strotzenden eigenen Stücken. Von lyrisch bis furios (besonders „One For Blount“), von minimalistisch bis opulent, von wohlklingend bis atonal (dominant in „Autoscopy“) reicht die Bandbreite, die Iyer in fast jeder einzelnen Komposition ausbreitet und wundersam in ein harmonisches Verhältnis bringt. „Solo“ ist der eindringliche Beweis: Mit das Spannendste, Wegweisenste und Intelligenteste, was derzeit im Jazz an Klaviertasten erklingt, ist mit dem Namen Vijay Iyer verbunden.
www.vijay-iyer.com
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